"Das eine nicht ohne das andere: Gemeinwesenarbeit und Integrationsmanagement zusammendenken" - Dokumentation
02. Mai 2024 / Johanna Klatt
„Das eine nicht ohne das andere“ – unter diesem Motto fand am 29. April 2024 der Fachtag zum Thema Integrationsmanagement und Gemeinwesenarbeit statt. Dazu hatten der Niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, Deniz Kurku, gemeinsam mit der LAG Soziale Brennpunkte Niedersachsen e.V. in den Werkhof in Hannover eingeladen. Bei über 120 Teilnehmenden aus der Gemeinwesenarbeit, dem Quartiersmanagenent und der Migrationsarbeit war die Veranstaltung restlos ausgebucht, was das große Interesse zeigte, das das Thema offensichtlich hervorgerufen hatte. Deniz Kurku führte als Moderator persönlich durch die Veranstaltung.
Video mit Highlights der Veranstaltung
"Das eine nicht ohne das andere: Beispiel Quakenbrück"
Inhaltlicher Auftakt für die Veranstaltung bildete die Quakenbrücker Neustadt - als Teil des dortigen Nachbarschaftschatzes - zeigten die Bewohnerinnen Heidi und Natalii stellvertretend für eine ebenso engagierte Nachbarschaft, was es braucht, damit das Zusammenleben vor Ort trotz aller Herausorderungen funktioniert.
Fachvortrag: Integration, Gemeinwesenarbeit und Demokratie hängen zusammen
Prof. Milena Riede von der Hochschule für Soziale Arbeit und Sozialpädagogik in Berlin führte mit einem erkenntnisreichen Vortrag über die historischen Hintergründe und Grundsätze der Gemeinwesenarbeit ein und ebnete sogleich den weiteren Weg der Diskussion.
I. Podium: Bauen und Soziales im Tandem für die Integration in Niedersachsen
Wie wichtig eine erfolgreiche Integration zugewanderter Menschen auch von der sozialräumlichen Angeboten im Quartier abhängt, betonte Integrationsminister Dr. Andreas Philippi im Gespräch mit Deniz Kurku und Stefanie Nötel, Abteilungsleiterin im Niedersächsischen Wirtschafts- und Bauministerium. In Niedersachsen könne man hier auf gute und gewachsene Strukturen aufbauen.
Durch die institutionellen Förderung der LAG soziale Brennpunkte Niedersachsen im Rahmen der „Selbsthilfe-Richtlinie“ ermöglicht das Niedersächsische Sozialministerium den Austausch langjährig erfahrener Selbsthilfeprojekte mit den neuen GWA-Standorten: Sie alle unterstützen das Zusammenleben in vielfältigen Nachbarschaften. Der Austausch des Praxisnetzwerkes der Expert*innen von vor Ort ließ sich im Laufe der Veranstaltung beobachten: Bewohnerexpert*innen diskutierten angeregt mit Integrationsbeauftragten, Gemeinwesenarbeiter*innen mit über 20jähriger Erfahrung mit gerade gestarteten Projektakteuren.
Zu den aufgebauten Strukturen für alle in der Nachbarschaft zählen auch das Landesprogramm „Gemeinwesenarbeit und Quartiersmanagement – gute Nachbarschaft“ sowie das Bündnis für Gute Nachbarschaft, wie Stefanie Nötel anmerkte. Damit unterstützt das Land seine Kommunen bei der sozialen Stadtentwicklung und fördert Maßnahmen in benachteiligten Orts- und Stadtteilen, die vor großen integrativen und sozialen Herausforderungen stehen und stößt innovative Prozesse der Stadtentwicklung an.
Der leider verhinderte Wirtschaftsminister Olaf Lies unterstrich in einem kurzen Videogrußwort, dass die Gemeinwesenarbeit im Quartier eine Daueraufgabe ist, die auch entsprechend langfristig finanziert werden muss.
II. Podium: Was braucht es für Integration aus Perspektive landesweiter Verbände und der Kommunen?
Wie wichtig das Zusammendenken von Integration und Gemeinwesen in vielen Bereichen der sozialen Angebote und Daseinsführsorge ist, wurde in der anschließenden Podiumsdiskussion angeregt erörtert. In jeder Hinsicht, so die Co-Geschäftsführerin der LAG Soziale Brennpunkte e.V., Johanna Klatt, brauche es für zugewanderte Menschen sowohl zielgruppenspezifische Angebote als auch solche, die zugleich für alle Bewohnerinnen und Bewohner in einem Wohngebiet bestimmt seien. Für Kai Weber, Geschäftsführer des Niedersächsischen Flüchtlingsrates, gilt dies auch für geflüchtete Menschen, für deren Teilhabe es besonders wichtig sei, in das Gemeinwesen ihrer Unterkünfte aktiv eingebunden zu sein. Das fördere nicht zuletzt die Akzeptanz der Neuangekommenen und deren Perspektiven in der Gesellschaft. Malte Spitzer, Sozialdezernent der Stadt Hildesheim kritisch darauf, dass die Notwendigkeit, die verschiedenen Bereiche der sozialen Daseinsfürsorge zukünftig sozialräumlich zu strukturieren, bedauerlicherweise an der Realität in den Kommunen vorbeigehen, insbesondere was die Frage der verlässlichen Finanzierung betrifft. Bund und Land seien hier aufgefordert, die Rahmenbedingungen neu zu gestalten.
"Was kann ich selbst tun, um das Zusammenwirken von Gemeinwesenarbeit und Integration vor Ort zu verstärken?" Tandem-Spaziergänge durch die Nordstadt
Der persönliche Austausch untereinander stand im Mittelpunkt der Tandem-Spaziergänge nach dem Mittagessen. Zu zweit und im thematisch passenden Spaziergang durch die, Nordstadt bot sich die Gelegenheit für alle Teilnehmenden, intensiver in den Austausch zu kommen und das Gehörte auf die eigene Situation und die eigenen Handlungsmöglichkeiten zu übertragen.
Im Anhang finden Sie die - durch künstliche Intelligenz sortierten - Ergebnisse der Tandem-Spaziergänge.
Fachvortrag: Warum braucht Integration einen Plan? Bundesweite Erfahrungen der Nationalen Stadtentwicklung
Im Anschluss richtete sich der Blick auf das integrierte Handeln in den Kommunen . In seinem Fachvortrag, begründete Timo Heyn vom Forschungs- und Beratungsinstitut Empirica in Bonn sein Plädoyer, die Themen Migration, Integration und Teilhabe mit einer Querschnittsorientierung stärker in der kommunalen Stadtentwicklungsplanung zu verankern. Der Vortrag basierte auf eine 2022 veröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesbauministeriums.
Praxisbeispiele aus ganz Niedersachsen: Hildesheim, Göttingen und Hameln
In zahlreichen Gemeinden und Kommunen in Niedersachsen greifen Integrations- und Quartiersarbeit bereits eng ineinandergreifen, strukturell wie auch personell: Im klassischen Ankunftsort der Hildesheimer Nordstadt wird Bildungs-, Sozial- und Kulturarbeit unter Einbindung vieler Akteure eng miteinander verzahnt, nicht ohne dabei auf große Herausforderungen zu stoßen.
Frank Auracher vom Stadtteiltreff machte hier u.a. auf die notwendige Verstetigung der Städtebauförderung aufmerksam.
In Vertretung für die Integrationsbeauftragte der Stadt, Christina Hammer, stellte Markus Kissling den gesamtstädtischen Ansatz der Stadt Göttingen vor, der Integrations- und Nachbarschaftsarbeit zusammen denkt und umsetzt.
Dr. Ovidio Ioan stellte die Gemeinwesenarbeit und das Projekt Juleiqua, sowie das von ihm geleiteten Weststadtzentrum in Göttingen vor, mit der es kontinuierlich gelungen sei, kontinuierlich Vertrauen in der Bewohnerschaft aufzubauen und sich als wichtigen Akteur im Zusammenspiel mit der hiesigen Verwaltung und Politik zu etablieren.
In Hameln zeigt das gemeinsame Projekt „hameln kann’s“ den Schulterschluss zwischen Quartiersmanagement und Integrationsarbeit, wie Claudia Schmidt und Suna Baris zeigten.
Integration und Gemeinwesenarbeit in 2040? Hinweise an beide Ministerien
Gesamtmitschnitt der Veransstaltung
Hier finden Sie die gesamte Veranstaltung zum Nachschauen: