Biografie-Werkstatt

Biografie-Werkstatt
Nachbarschaft im Dialog

Projektbeschreibung

Im Quartier Northeimer Innenstadt sind die Auswirkungen des demographischen Wandels anhand zahlreicher leerstehender, denkmalgeschützter Häuser zu sehen. Zudem gibt es seit 2012 einen vermehrten Zuzug von Flüchtlingen, die in ihren Etablierungschancen, insbesondere im Bereich der beruflichen Integration Unterstützung bedürfen. Um bereits sich andeutenden Konfliktfeldern entgegenzuwirken, Toleranz zu fördern und neue Netzwerke zu knüpfen, plant die Werk-statt-Schule e.V. gemeinsam mit anderen Akteur*innen der Stadt Northeim, soziale Räume des Austauschs zu schaffen.

Das Projekt „Biografie-Werkstatt“ sieht vor, Interaktionssituationen zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe, zwischen Alteingesessenen und Zugewanderten, in dem Quartier der Northeimer Innenstadt zu initiieren und dadurch Begegnungsräume für die Förderung des sozialen Miteinanders und die Wertschätzung gesellschaftlicher Vielfalt zu fördern. Die Teilnehmer*innen lernen in der Biografie-Werkstatt narrative Gesprächstechniken kennen. Die Interviewschulung zielt darauf ab, Grundlagen der Interviewhaltung (aktives Zuhören, Zurückstellen der eigenen Meinung, Offenheit, Blickkontakt, Perspektivenwechsel) zu vermitteln und die Teilnehmer*innen darauf vorzubereiten, selbst zu Interviewer*innen zu werden. Im Anschluss führen die Teilnehmer*innen der Biografie-Werkstatt in zweier Teams Interviews im Quartier der Northeimer Innenstadt durch. Den „unbekannten Nachbarn“ zu interviewen und dadurch seine Geschichte kennenzulernen, steht bei der Auswahl der Interviewpartner*innen im Vordergrund.

Die biografisch-narrative Methode bietet die Möglichkeit, Empathie zu fördern sowie kulturelles Verständnis und historisches Wissen zu erweitern. Biografische Erzählungen sind Konstruktionen der Vergangenheit aus der Perspektive der Gegenwart und werden im interaktiven Prozess gebildet. Eine wesentliche Technik des Interviews ist das „aktive Zuhören“, d.h. die Zurückhaltung des Fragenden ist gefordert sowie das aufmerksame Zuhören. Durch diese Vorgehensweise wird das Eintauchen in eine fremde Lebensgeschichte und damit auch eine Perspektivenerweiterung möglich. Gleichsam eröffnet das Interviewsetting dem/der Erzählenden einen Raum des „Gehörtwerdens“ und der Sichtbarmachung der Deutung eigener lebens- sowie kollektivgeschichtlicher Erfahrungen, die er/sie zur Sprache bringen möchte.

Im Projektverlauf erfolgt die Reflexion der Interviews verbunden mit der Kontaktaufnahme, dem Interviewsetting und –verlauf, als auch dem thematischen Schwerpunkt. Zudem wird eine Publikation erarbeitet, die (Erfolgs-)Geschichten von alten und neuen Nachbarn sichtbar macht. Ziel ist dabei, die Vielfalt in Northeim lebender Menschen aufzuzeigen und Integrationsleistungen nach Northeim geflohener Menschen abzubilden, um Potentiale für die Demokratie- und Toleranzförderung im Quartier Northeimer Innenstadt sichtbar zu machen. Im Projektverlauf werden weitere Angebote partizipativ mit den Bewohner*innen geplant, die zur Belebung des sozialen Raumes in der Northeimer Innenstadt beitragen. Im Sinne der "Hilfe zur Selbsthilfe" werden neue nachbarschaftliche Beziehungen in diesem Prozess unterstützend wirken.

 

 

Northeim ist eine Mittelstadt in der strukturschwachen Region Südniedersachsen. Die Auswirkungen des demographischen Wandels, Überalterung der Gesellschaft, rückläufige Bevölkerungszahlen sowie eine unterdurchschnittliche Kaufkraft sind in Northeim Merkmale des Wandels, sichtbar an zahlreichen leerstehenden, sanierungsbedürftigen Häusern in der Northeimer Innenstadt. Durch den Zuzug von Migrant*innen (verstärkt seit 2012) bestehen Potentiale für die positive Entwicklung der Bevölkerungszahlen im Quartier. Zugleich werden Herausforderungen der beruflichen Integration und somit der Etablierungschancen der Migrant*innen bedeutsam, um etwaigen Segregationstendenzen in der Innenstadt entgegenzuwirken. Den Statistiken zufolge gibt es eine Dominanz männlicher Bewohner in der Innenstadt sowie einen hohen Anteil an kinderlosen Haushalten[1]. Die Akzeptanz kultureller und religiöser Vielfalt und Toleranz ist eine fortwährende Herausforderung für die Migrationsgesellschaft und bezieht sich auf ein friedliches Miteinander zwischen allen Bevölkerungsgruppen. Genau an diesem Punkt will das Projekt „Biografie-Werkstatt“ ansetzen, indem es einen Interaktionsrahmen für Menschen ganz unterschiedlicher kultureller Hintergründe eröffnet und Potentiale für neue nachbarschaftliche Kontakte und Aktivitäten im Quartier entfaltet. Die Zentrale der WsS befindet sich in der Northeimer Innenstadt. Seit über zehn Jahren besteht in den Räumlichkeiten u.a. das Angebot der Migrationsberatung. Dadurch können bereits bestehende Kontakte zu Migrant*innen im Quartier genutzt und erweitert werden. Perspektivisch plant die WsS mit dem Erwerb und der Restaurierung einer Konzeptimmobilie im Quartier der Northeimer Innenstadt verschiedene Akteure demokratiefördernder Projekte zusammenzubringen, einen Begegnungsort zu schaffen, der Treffpunktmöglichkeiten bietet und somit einen Beitrag zur (Wieder-)belebung von derzeit leerstehenden Räumen zu leisten.

 

[1] Vgl. Sozialatlas der Jugendhilfeplanung (2021:17)

Demokratie und Toleranzförderung

Interaktionsräume schaffen

- Biografie-Werkstatt: Interviewschulung (Durchführung der biografisch-narrativen Interviews, Reflexion der Interviews, "Kreativwerkstatt") - partizipative Gestaltung weiterer Angebote (z.B "Schreibwerkstatt") - Vermittlung in bestehende Angebote im Sozialraum (Theater der Nacht, St. Sixti Kirche, Kinder- und Jugendkulturzentrum alte Brauerei, Familientreff, Ev. Jugend, Oase, Freihafen, ...)

Sensibilisierung für kulturelle Vielfalt

-- Erstellen einer projektbegleitenden Publikation zum Transfer der Projektinhalte - Sichtbarmachung Vielfalt von lebensgeschichtlichen Erfahrungen, Ressourcen und Hürden, Erfolgsgeschichten, Engagement (Publikation, Entwicklung Aisstellung) - Perspektivenwechsel/-erweiterung - Verbreitung positives Image gelungener Integrationsarbeit

Gemeinschaft stärken

- "Hilfe zur Selbsthilfe", Nachbarschaftbeziehungen fördern - Unterstützung Selbstorganisation - bedarfsorientiert gemeinsame Aktivitäten planen - Vermittlung in bestehende Angebote (Familientreff, Haus der Begegnung, Kinder- und Jugendkulturzentrum alte Brauerei, andere Angebote Werk-statt-schule, ...)

Förderung Integration

positive Sichtweise auf Migrationsgesellschaft

(Erfolgs-)geschichten sichtbar machen

Förderung beruflicher Integration

Netzwerke bilden, in bestehende berufliche Integrationsangebote im Quartier vermitteln und Impulse für weitere Angebotsentwicklung geben

Belebung des Sozialraums Northeimer Innenstadt

Begegnungsort(e) schaffen

Angebote partizipativ mit Bewohner*innen planen
Name des Projektgebietes: 
Northeimer Innenstadt (innerhalb der Wallanlagen)
Stadttyp: 
Mittelstadt (20.000 - 100.000 Einwohner)
Einwohnerzahl des Projektgebietes: 
2900
Das Projektgebiet liegt im Programmgebiet „Soziale Stadt“: 
nein
Quelle / Anmerkungen: 
Meldeamt
Abgrenzung des Projektgebietes: 
Friedrich-Ebert-Wall/ Kommandanten-Wall/ Am Bleichewall/ Tourlavillen Wall/ Adolf Hueg Wall/ Gartekürassierstraße
Projektgebiet geprägt durch: 
Erhöhter Modernisierungsbedarf bei Wohngebäuden, Wenig attraktives Wohnumfeld, Anonyme Frei- und Grünflächen mit Defiziten in der Aufenthaltsqualität, Bauliche Mängel in der vorhandenen Infrastruktur, Schlichtwohnungsbau vorhanden, Fehlen von Einrichtungen mit Treffpunkt-Charakter, Ein schlechtes Gebietsimage, Vermehrten Zuzug von Flüchtlingen, Zunahme von Transferleistung
Merkmale des Projektgebietes: 

Anteil der älteren Bewohner/innen (ab 60 Jahre)

Anmerkung: 
Quelle: Meldeamt

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte

Anmerkung: 
Quelle: Meldeamt

Arbeitslose Menschen (gesamt)

Anmerkung: 
Auskunft Jobcenter

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