Quartierstheater Rosenplatz
Handlungsfelder
Zielgruppe
Kontaktdaten
Projektbeschreibung
Im Rahmen des Projektes "Gute Nachbarschaft - soziokulturelle Teilhabe im Rosenplatzviertel" haben sich seit 2013 Bewohner/innen getroffen, die sich im darstellenden Spiel erproben wollten. Zunächst "nur" in Theaterworkshops. Als dann der Wunsch aufkam, daraus auch der Öffentlichkeit etwas vorzuführen, entstand zunächst 2015 ein "größeres" Theaterprojekt, in dem das eigene Theaterstück "Rendezvous" entwickelt und vorgeführt wurde. Nach einigem Anlauf konnte in diesem Jahr im Mai unser Projekt Quartierstheater Rosenplatz durchstarten. Unter der Regie von Stephanie Freericks, der Assistenz von Kurt Dombek und der Projektleitung durch Heinrich Funke (ASH) entstand mit dem Quartierstheater (die Aktiven sind im Rosenplatzviertel zu Hause) das Schauspiel "Hamlet out of Rosenplatz". Die Premiere ist 04.11.2017 im Rosenhof Osnabrück, eine 2. und 3. Aufführungfindet am 17.11. und 18.11.2017 in der Aula Graf-Stauffenberg-Gymnasium Osnabrück statt. Die vorerst letzte Vorstellung ist für den 25.11.2017 (in einem "richtigen" Theater) im Emma-Theater Osnabrück geplant.
Der Alltag (in Deutschland 2016) ist häufig geprägt von kontinuierlicher Anstrengung und Stress. Wir machen Kompromisse z.B. zwischen Familie und Beruf, erfahren Einsamkeit z.B. aufgrund von Geldknappheit, erleben Unsicherheit z.B. durch fehlende „feste“ Verträge und haben dementsprechend Angst vor Krankheit, Berufsunfähigkeit, sozialem Abstieg. Unsere Identität allerdings ist ein Selbstwert und verlangt nach (mehr) Anerkennung. Beim Theaterspielen entwickeln wir szenische Ideen. Wir wagen freie Assoziationen und das Darstellen unseres Lebens sowie die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten der Situationen. Gerade in der gemeinsamen Reflektion nach jeder Szene entdecken und empfinden wir perspektivische Vielfalt, die uns gefällt, wenn auch manchmal verwundert bzw. irritiert: So wird der eintönige Fernsehabend eines Hausbesitzers plötzlich spannend, da ein Außerirdischer sich für eine Wohnung in diesem Haus interessiert. Der Hausbesitzer zeigt dabei eine bisher unbekannte Art von Offenheit und Großzügigkeit, wird also mehrdimensional und komplexer. Einhergehend mit der Wandlung der Bühnenfigur verändert sich die Reaktion des Publikums z.B. hinsichtlich der Toleranz. Einerseits wird das humoristische Verständnis gefördert und ausgebaut, andererseits wird die häufig grassierende Langeweile vor dem TV vor- und ins Groteske überführt. Die beschriebene Szene ist in nur zehn Minuten zwischen zwei einander zugelosten Akteuren entstanden, also eher improvisiert als geplant. Sie vermittelt gleichermaßen Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit, da dem Besuch des Außerirdischen z.B. ein längeres stummes Spiel des Hausbesitzers vorangeht. Dieser mutige Laienschauspieler beweist deutliche Bühnenpräsenz und erfährt durch die Aufmerksamkeit des Publikums seine Wirkung, gleichermaßen die wertvolle und stärkende Anerkennung seiner Identität. Weitere Darstellerinnen und Darsteller probieren z.B. eine Szene mit verschiedenen Endversionen aus. Zuerst steht die materielle Not mit verknüpfter sozialer bzw. kultureller Isolation im Vordergrund, dann, in der zweiten Version wird die Armut durch ein Geschenk, nämlich die fiktive Einladung zu einem Kabarettabend in der Lagerhalle, zumindest kurzfristig überwunden. Wir bewegen uns hier zwischen den gegebenen sozialen Schichten, zwischen Einsamkeit und Gemeinschaft. Unsere Szene zeigt Strukturen und Mechanismen nicht nur der aktuellen Gesellschaft und wir geraten in eine Diskussion über Bewältigungsstrategien, die wir künstlerisch durch vielfaches Ausprobieren lösen. Dabei bleibt die individuelle Basis erhalten, bekommt jedoch zusätzliche Argumente, die geprüft werden müssen und vielleicht zu einer Erweiterung der subjektiven Einstellung führen. Die Mitglieder unserer Theatergruppe erdenken und verfassen ihre Szenen größtenteils selbständig. Um die Bühnentauglichkeit zu gewährleisten, werden sie dramaturgisch getestet. Nach diversen Improvisationen und positiver Kritik werden die Sätze und Stichwörter zu einem Theatertext, so dass ein abrufbarer Ablauf der Szenen garantiert werden kann. Gruppendynamische Prozesse vermischen sich mit diversen Interpretationen von Auftritten und Bildern, ein lebendiger und authentischer Vorgang, den wir im Interesse der Teilnehmenden verstetigen wollen. Dabei betrachten wir unsere offene Theatergruppe einerseits als Energiequelle zur leichteren Bewältigung und Entwicklung des Alltags, andererseits als Projektion und öffentliche Spiegelung von Kunst im Rosenplatzquartier. Damit spiegeln wir eine Realität, die wohl sehr einmalig ist. Gewöhnlich haben "solche" Quartiersbewohner/innen mit Kultur nichts am Hut! Für uns soll es aber normal sein. Es spielen auch Flüchtlinge aus dem Quartier mit! Das verbessert die Integration gleich in mehrfacher Weise.