Ankommen und Leben in der Weststadt
Handlungsfelder
Kontaktdaten
Projektbeschreibung
Wohnraumknappheit in Ballungsgebieten und der Zuzug von Flüchtlingen stellen bereits marginalisierte Quartiere wie die Göttinger Weststadt vor neue Herausforderungen. Das Projekt ANKOMMEN UND LEBEN IN DER WESTSTADT verfolgt einen sozialräumlichen Handlungsansatz und sucht modellhaft nach neuen Wegen, Strategien und Strukturen, die das vielfältige kulturelle Zusammenleben in der Weststadt fördern, sich langfristig stabilisierend auf den Stadtteil auswirken und die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen aus sozial belasteten Familien im Quartier verbessern. Neubewohner-innen, Altbewohner-innen und Akteure engagieren sich für ihren Stadtteil. Im Weststadtzentrum entstehen neue Kontaktflächen für nachbarschaftliche und soziale Aktivitäten im Stadtteil. Ein zielgruppenübergreifendes Netzwerk bringt nachbarschaftliche Gruppen, unterschiedliche Interessensvertreter-innen, institutionelle Netzwerke und Arbeitsgruppen zusammen. Hier werden beratend durch die LAG gemeinsame Strategien entwickelt, erprobt und im Sinne von good practice auf Quartiere mit ähnlicher Ausgangssituation übertragen. Auf organisatorischer Ebene stellt sich die Ausgangslage des Projektes günstig dar, da die Jugendhilfe Göttingen e.V. als Projektträger im Stadtteil auf schon bestehende Kooperations- und Netzwerkstrukturen aufbauen kann (Aktive Weststadt – Aufbau Weststadtbüro 2006-2011, aktive Mitarbeit in der Weststadtkonferenz, Quartiersmanagement im Sanierungsgebiet „Westlich Maschmühlenweg“ seit 2009, sozialraumbezogene Schulsozialarbeit an den Stadtteilgrundschulen).
Das Weststadtzentrum hat sich zunehmend als erste Anlauf- und Kontaktstelle für geflüchtete Menschen in der Weststadt etabliert. Hier finden sie Rat und Unterstützung. In 2018 sollen die Kontakte zu Altbewohner-innen und weiteren Akteuren im Stadtteil durch gemeinsame Aktivitäten (u.a. Beteiligung am Weststadtfest, Teilnahme am Nachbarschaftstreff, Gartenprojekt von Geflüchteten und Altbewohner-innen) vertieft und weiter ausgebaut werden.
Die Weststadt bietet im Gegensatz zum restlichen Stadtgebiet Göttingens ein vergleichsweise kostengünstiges Wohnungsangebot, weshalb es in der Vergangenheit zu einer erhöhten Konzentration von zugewanderten Familien (Aussiedlerfamilien, kinderreiche Roma-Familien aus dem ehemaligen Jugoslawien und zugewiesene Flüchtlinge) einerseits und Zuzug von BezieherInnen von Grundsicherung und Hilfen zum Lebensunterhalt andererseits geführt hat. Einzelne Quartiere aus der Bauzeit der 1950er und 1960er Jahre weisen eine vergleichsweise „ältere“ Bevölkerung auf. Seit dem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen im Herbst 2015 und der Zuweisung durch das Land hat die Stadt Göttingen bislang ca. 2000 Geflüchtete aufgenommen, von denen ca. 1360 in Unterkünften der Stadt Göttingen untergebracht sind (Quelle: Homepage Stadt Göttingen, www.goettingen.de). Nach Fertigstellung und Inbetriebnahme von vier neuen Unterkünften im Jahr 2016, von denen sich drei im Projektgebiet oder unmittelbar angrenzend daran befinden, ist der Anteil von Geflüchteten in der Weststadt im Vergleich zum restlichen Stadtgebiet erheblich gestiegen. Jedoch muss entgegen der Annahme im Erstantrag, davon ausgegangen werden, dass eine große Mehrheit der Geflüchteten vorerst in den städtischen Unterkünften verbleiben werden. Einige große Wohnungsgesellschaften zeigen aktuell (Herbst 2016) wenig Bereitschaft an Geflüchtete oder andere Leistungsbezieher zu vermieten. In Verbindung mit den seit Jahren im Stadtteil lebenden BewohnerInnen treffen hier nicht selten unterschiedliche Lebenswelten, Wertevorstellungen, Sprach- bzw. Kommunikationsbarrieren und geringe Akzeptanz aufeinander, wodurch der Aufbau und das Wachsen nachbarschaftlicher Strukturen erschwert werden. Zudem droht, dass Alt-Bewohner-innen, die den Stadtteil bislang eher stabilisiert haben, wegen Imageverschlechterung des Stadtteils unter den bestehenden Verhältnissen fortziehen. „Daher ist in der Weststadt künftig mit einem verstärkten Bewohnerwechsel zu rechnen – nur eine marktgerechte Anpassung der Wohnungsbestände kann eine langfristige Bindung der neuen Bewohnerinnen und Bewohner sicherstellen“ (Quelle: Stadt Göttingen, Voruntersuchung „Soziale Stadt“ Westlich Maschmühlenweg).
Die Neuzuweisungen von Geflüchteten in das Göttinger Stadtgebiet sind 2017 hinter den Erwartungen zurückgeblieben, so dass die Stadt Göttingen beschlossen hat stadtweit zwei Sammelunterkünfte im kommenden Jahr zu schließen. Im Projektgebiet bleiben alle drei ab 2016 neu eingerichteten Unterkünfte bestehen, da sie für einen längeren Zeitraum angelegt wurden. Hinzu kommen die seit mehreren Jahren in der Weststadt genutzten Unterkünfte im Neuen Weg, Rosenwinkel, Hartjenanger, Königsstieg/Greitweg und ehemalige Kita Elisabeth-Heimpel-Haus. Somit ist der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in der Weststadt mit 36% im Vergleich zu anderen Göttinger Stadtteilen (stadtweit 23%) mit am höchsten. Für den Aufbau von dauerhaften nachbarschaftlichen Strukturen ist die häufig unbekannte Verweildauer der Geflüchteten in den Unterkünften (und somit im Quartier) für alle Beteiligten eine Erschwernis. Gründe hierfür sind u.a.: unsicherer Aufenthaltstatus, schwerer Zugang zum freien Wohnungsmarkt, Wohnungsknappheit, Familienzusammenführungen, Wegzug für Arbeits- oder Ausbildungsplatz, etc.