Armutsprävention und Aktivierung des Sozialraums
Handlungsfelder
Zielgruppe
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Projektbeschreibung
Das Pilotprojekt „Armutsprävention und Aktivierung des Sozialraums: Niemand wird vergessen!“ aktiviert die Potenziale der Selbst- und gegenseitigen Hilfe der Menschen im Sozialraum Leineberg. Von Armut Betroffene und Bedrohte werden Experten in eigener Sache und stellen zusammen mit anderen engagierten Bewohnern durch ehrenamtliche Formularhilfe ihre Kenntnisse dem Gemeinwesen solidarisch zur Verfügung.
Das Projekt macht versteckte Armut im Göttinger Stadtteil Leineberg ausfindig und spricht bislang verborgene Zielgruppen unter dem Blickwinkel der Armutsprävention niedrigschwellig an. Der vermutete Anspruch des betroffenen Personenkreises auf Sozialleistungen wird thematisiert und dessen Wahrnehmung aus dem Sozialraum heraus unkompliziert und solidarisch unterstützt, vielfach erst ermöglicht.
„Niemand wird vergessen!“ bewirbt und bestückt das von Landkreis und Kommune durchgeführte „Formularlotsen“-Projekt, das kostenlos ehrenamtliche Formular-Ausfüllhilfen ausbildet, mit Teilnehmern vom Leineberg sowie in der Folge auch aus dem Netzwerk der Göttinger Stadtteilzentren und koordiniert deren spätere Einsätze.
Das Projekt ermöglicht so den betroffenen Zielgruppen, zunächst auf dem Leineberg und dann in weiteren Göttinger Quartieren direkt vor Ort breitgefächerte, qualifizierte Formularhilfe und Verweisberatung in Anspruch zu nehmen und sich gleichzeitig als angehende Experten in eigener Sache im Themenkreis der Daseinsvorsorge für das Gemeinwesen zu engagieren. Direkt aus dem Sozialraum heraus verbessert und verkürzt sich der Matching-Prozess zwischen Zielgruppen und Sozialleistungsträgern erheblich.
Mit der Inflation steigt das Armutsrisiko unterer Einkommensgruppen stark. Im Göttinger Stadtteil Leineberg (2800 Einw., hoher Anteil älterer Menschen, vermehrt Familien mit kl. Kindern) wird eine steigende Quote verdeckter Armut vermutet. Es gibt zunehmend Berichte über zu kleine Wohnungen, Gewalt in d. Häusern, Drogen u. Kinderarmut in einem bisher nicht als Brennpunkt bekannten Viertel. Sozialleistungen werden oft nicht ausgeschöpft. Niedrigschwellige Sozialberatung gibt es direkt vor Ort nur rudimentär. Teils ist die Situation in d. anderen Stadtteilen ähnlich, teils sind sie harte Brennpunkte. Im Stadtgebiet Göttingen sind die Nachbarschaftszentren (NBZ) Drehkreuz für alle sozialen Fragen, geraten aber steigend unter Druck u. können d. Bedarfe nicht abarbeiten. Es existiert durchweg keine auf benötigtem Niveau durchgeführte, garantierte u. ausfinanzierte Formular- und Hinweisberatung: Ungelernte Kräfte aus d. dritten Arbeitsmarkt od. mit zu wenig Arbeitszeit ausgestattete Quartiersmanager sind notgedrungen Ansprechpartner. Die Sozialleistungsträger können bei ausgeweiteten Armutslagen ihrer Aufklärungs- u. Beratungspflicht nach § 13, 14 SGB I nicht in allen Zielgruppen in benötigter Intensität nachkommen.
Notwendig sind im Quartier sowohl flächendeckende Informationen über mögl. Leistungsansprüche als auch qualifizierte, verbindlich stattfindende, koordinierte (Verweis)Beratung u. Formularhilfe, die nicht in Konkurrenz zum Beratungsauftrag der Sozialleistungsträger stehen.
Unter Eindruck der Pandemie hat der Landkreis Göttingen als Träger 2022 das Projekt „Formularlotsen“ gestartet, in dem Ehrenamtliche, inzwischen in Kooperation mit der Kommune, für sie kostenlos zu Formular-Ausfüllhilfen bei der Beantragung von Sozialleistungen geschult werden. Die Formularlotsen sind auf dem Leineberg und in den anderen Göttinger Quartieren jedoch bislang nicht richtig angekommen. Hier bedarf es einerseits der lokalen Initiative vor Ort auf dem Leineberg sowie darüber hinaus der Akquise und Koordination der ehrenamtlichen Selbsthilfe in anderen betroffenen Quartieren.